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Zukunftsvisionen

Einige Erkenntnisse über die Einstellung zum Klimawandel sowie Wünsche an eine gute Klimapolitik wurden bereits durch die Klimastudie von More in Common erforscht und zusammengefasst. Hier präsentierten wir die Ergebnisse unserer Studie, die auf die Arbeit von More in Common Deutschland aufsetzt.

Wünsche für die Zukunft

Die Einstellungen zu Deutschlands Zukunft zeigen die Unterschiede zwischen den Typen auf, wobei bei den meisten das Stimmungsbild insgesamt von wenig Zuversicht gezeichnet ist. Aussagen bei allen Typen machen dabei deutlich, wie maßgeblich die Corona-Pandemie und der zu bemängelnde politische Umgang damit die Einstellungen der Menschen zur generellen ‚Lage der Nation‘ beeinflusst haben. Lediglich bei den Etablierten und Pragmatischen ist ein wenig mehr Hoffnung für die Zukunft zu spüren.

Ich sehe [Deutschland] ganz definitiv als schlechteren Ort [in zehn Jahren]. Klimaschutz ist eine wichtige Sache und auch Umweltschutz und Naturschutz. Aber vieles wird gemacht, was dem nicht entspricht. (…) Und dann haben wir auch gewisse Politiker, (…) wenn ich mir deren Vita anschaue, was die bisher beruflich in ihrem Leben gemacht haben, da schüttle ich den Kopf. (…) Und dann haben wir noch die Gasversorgungskrise. Die Gaspreise schießen ja durch die Decke.“

Wütender

Ich versuche, mit kleinen Gesten zu helfen. Aber ich denke, dass es vielleicht schon ein bisschen zu spät ist. Dass wir zu spät gehandelt haben, und ob man jetzt noch alles retten kann, da bin ich mir nicht so ganz sicher. Man kann es versuchen, besser zu machen, aber ganz zu retten, glaube ich nicht.“

Offener

Pop-up-Fahrradweg in der Berliner Innenstadt, 2021

Zukunftstechnisch läuft es darauf hinaus, dass man so global verkoppelt ist, dass wir so abhängig voneinander sind, dass wir auch irgendwann Knappheit vielleicht durch politische Bewegungen haben, und das finde ich auch sehr besorgniserregend.“

Pragmatische

Für die Zukunft wünschen sich alle Typen in erster Linie gute Gesundheit (83 % nennen diesen Aspekt als einen der Top 3 Aspekte für ihr Leben in zehn Jahren), was sicherlich auch durch Erfahrungen mit der Corona-Pandemie beeinflusst wurde. Darauf folgen als weitere wichtige Aspekte für das Leben in zehn Jahren die freie Wahl des eigenen Lebensstils (45 %) und eine klimafreundliche Lebensweise (40 %). Bei den Enttäuschten und Wütenden ist eine klimafreundliche Lebensweise ein etwas weniger wichtiger Aspekt des guten Lebens in zehn Jahren. Besonders den Wütenden ist ein Mitspracherecht bei politischen Entscheidungen wichtig (37 % nennen diesen Aspekt als einen der drei wichtigsten für ihr Leben in zehn Jahren).

Tabelle 2: Wichtigste Aspekte der persönlichen Zukunftsvision nach Typ

Co-Benefits von Klimaschutzmaßnahmen

Alle Typen ziehen eine sehr klare Verbindung zwischen Klimaschutzmaßnahmen und der Gesundheit von Mensch und Natur. Dies ist eine gute Nachricht, da sich alle Befragten für die Zukunft in erster Linie eine gute Gesundheit wünschen (siehe Tabelle 2). Darüber hinaus jedoch sehen die Typen derzeit nur bedingt Potenzial für positive Zusatzeffekte von Klimaschutzmaßnahmen.

Abbildung 16: Bewusstsein von positiven Nebeneffekten vom Klimaschutz

Die meisten Befragten tendieren dazu, „keine Auswirkung in diesem Bereich“ zu vermuten. Wir sehen daran, dass systemisches Denken beim Klimaschutz als eine Form der Politik, die teils weitreichende Veränderungen in vielen Bereichen anstoßen wird, gesellschaftlich nicht weit verbreitet ist. Überraschend ist in diesem Zusammenhang, dass mehr Klimaschutz bisher offenbar (noch) nicht mit einer zuverlässigen Energieversorgung oder mehr Unabhängigkeit von importierten Lebensmitteln in Verbindung gebracht wird. Der Diskurs in Sachen Energiepolitik (Stichwort: „Freiheitsenergien“) und Lebensmittelversorgung, der in Folge des Krieges Russlands gegen die Ukraine entstanden ist, mag diese Ansicht bei der Bevölkerung seit unserer Erhebung jedoch verändert haben.

Alle Typen tendieren darüber hinaus eher zu der Meinung, dass Klimaschutzpolitik sich negativ auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Arm und Reich auswirken wird. Darin zeigt sich, dass einerseits für viele Befragte ein hoher Lebensstandard weniger bedeutend ist, wenn es um Wünsche für die Zukunft geht, gleichzeitig viele Menschen jedoch von Verlustängsten umgetrieben werden. Vermutlich werden diese durch die steigende Inflation und die Corona-Pandemie zusätzlich verstärkt.

Fazit & Empfehlungen

  • „Klimaschutz als Gesundheitsschutz“: Die Tatsache, dass die meisten Menschen sich in erster Linie körperliche Gesundheit für die Zukunft wünschen und dass viele sich bewusst sind, dass eine Entschärfung der Klimakrise einen Nutzen für den Gesundheitsschutz hätte, ist ein ermutigender Ansatzpunkt für Klimakommunikator:innen. Gezielt auf ‚Klimaschutz als Gesundheitsschutz‘ hinzuweisen, wird vermutlich bei vielen Zielgruppen auf Interesse stoßen. Besonders überzeugend ist dies, wenn es mit konkreten Beispielen gekoppelt wird, wie Klimaschutzmaßnahmen zu besserer Gesundheit beitragen können. Auf der politischen Ebene sollte Klimapolitik stärker mit der Gesundheitspolitik verknüpft werden. Dies würde nicht nur die Belange der Menschen besser berücksichtigen, sondern auch bessere Voraussetzungen schaffen für die Anpassung an unvermeidliche Klimafolgen wie Hitzewellen.
  • Eine klimafreundliche Lebensweise als Teil positiver Zukunftsvisionen kommunizieren: Co-Benefits, die über Vorteile für die Gesundheit hinausgehen, sollten von der Politik gezielt beim Design von Klimapolitik berücksichtigt werden, und in der Klimakommunikation stärker und klarer in der Kommunikation herausgestellt werden. Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Aspekte, wie Menschen sich ein gutes Leben in zehn Jahren vorstellen, ist eine Klimapolitik, die eine klimafreundliche und gleichzeitig freie und selbstbestimmte Lebensweise ermöglicht und die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert, von zentraler Bedeutung. Klimakommunikator:innen sollten die verschiedenen Co-Benefits von Klimaschutz im Kopf haben und je nach Zielgruppe in die Kommunikation einbinden.
  • Klimapolitik so gestalten, dass reale Ungleichheit abnimmt: Aussagen, dass mehr Klimaschutz die Schere zwischen Arm und Reich vergrößern würde, verstärken mutmaßlich verständliche Sorgen der Bevölkerung von Klimapolitik als Teuerungspolitik. Hier liegt es an Entscheider:innen in der Politik, Klimapolitik so zu gestalten, dass die Ungleichheit zwischen Arm und Reich in Deutschland nicht weiter zunimmt, und dies dann auch entsprechend zu vermitteln. Klimakommunikator:innen aus der Zivilgesellschaft sollten die Verlust- und Abstiegsängste der Menschen ebenfalls ernst nehmen und in ihrer Rolle als Vermittler:in dazu beitragen, dass der breite gesellschaftliche Wunsch nach einer sozialgerechten Klimapolitik Gehör findet und Menschen sich gerecht behandelt fühlen.

Erkenntnisse aus der More in Common Klimastudie

Positive Zielbilder

Bei vielen Menschen besteht der Wunsch nach einer „positiv“ gewendeten Klimapolitik, die den Ruf eines „Verlustgeschäfts“ vermeidet. Im landläufigen Diskurs wird Klimaschutz nicht selten mit persönlichen Einschnitten in Verbindung gebracht. Hier kommt es zu Trennlinien: Die ohnehin eher progressiven Typen der Offenen und Involvierten, teils auch die zufriedenen Etablierten, gehen in der Regel entschiedener mit Vorschlägen mit, die etwas „kosten“ können, während eher unzufriedene Typen wie die Enttäuschten und Wütenden hier wesentlich zurückhaltender reagieren. Andersherum tun sich Chancen auf, wenn Klimaschutz als Nebeneffekt auch die Schaffung neuer Güter und Besitzstände mitbringt: So befürworten 84 % aller Befragten die Einführung eines kostenlosen ÖPNV – die Zustimmung ist hierfür bei allen Typen hoch. Das zeigt: Klimapolitik ist gerade auch dann attraktiv, wenn sie mit einer erkennbaren Stärkung und Bereicherung des Gemeinwesens einhergeht.

Hier geht’s zur ganzen More in Common Klimastudie.


Weiter:
Die sechs gesellschaftlichen Typen zum Klima

 

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